Bedrohung oder Chance? Großes Interesse an Gewerbegebiets-Plan

400 Bürger kommen in die Stadthalle, um sich die Ergebnisse der Gutachter anzuhören.

(Quelle Salzgitter-Zeitung vom 08.05.2018 Von Katja Dartsch und Michael Kothe)

Braunschweig. Bei der Info-Veranstaltung zum gemeinsamen Industrie- und Gewerbegebiet der Städte Braunschweig und Salzgitter ging es gestern Abend in der Braunschweiger Stadthalle ans Eingemachte. Sehr sachlich hatte die Veranstaltung begonnen, zum Ende hin aber schlugen die Emotionen hoch.

Auf der einen Seite: Die Planer aus den beiden Stadtverwaltungen und die Gutachter, die eine Fülle an Fakten und Daten präsentierten - die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie. Auf der anderen Seite: die Anwohner der umliegenden Dörfer.

Die Oberbürgermeister von Salzgitter und Braunschweig, Frank Klingebiel und Ulrich Markurth, betonten zu Beginn, dass noch nichts entschieden sei: Die Planungen stünden ganz am Anfang. Markurth: "Wir machen hier keine Show-Veranstaltung - und morgen rollt der Bagger. Mitnichten!" Sie warben aber dafür, die Pläne weiter voranzutreiben. Die Gutachter empfehlen, zunächst zwei Bauabschnitte mit insgesamt rund 145 Hektar zwischen Thiede und Geitelde zu entwickeln - 40 Hektar davon für lärmintensive Industriebetriebe, die rund um die Uhr produzieren.

Tausende neue Arbeitsplätze würde dies bringen und die ganze Region nachhaltig stärken. Markurth stellte klar: "Unsere Region ist das industrielle Herz Niedersachsens!" Er warnte vor Stillstand und bekam Applaus von den Wirtschaftsvertretern im Publikum. Man müsse aufpassen, dass man die großen Betriebe in der Region nicht verliere: "Wenn die neuen Mobilitäten und Antriebstechniken nicht in unserer Region entwickelt und produziert werden, dann findet das woanders statt!"
 
Standen den Bürgern in der Stadthalle Rede und Antwort: Die Oberbürgermeister von Salzgitter und Braunschweig, Frank Klingebiel (links) und Ulrich Markurth. Foto: Peter Sierigk

Konzentriert verfolgten die rund 400 Zuhörer die Präsentation. Etliche trugen gelbe Warnwesten - die Vertreter der Bürgerinitiativen. Vor der Veranstaltung hatten sie Flyer verteilt, auf denen stand: "Drei Millionen Quadratmeter Industriegebiet bedrohen unsere Lebensqualität!" Sie fürchten Lärm und Gestank - und noch mehr Verkehr, der durch ihre Dörfer rollt. Den meisten Applaus bekam Braunschweigs Kripo-Chef Ulf Küch, der ganz privat als Anwohner ans Mikro trat: "Keiner spricht hier von den Menschen in den Kanaldörfern. Wir sind eingekreist von Schwerindustrie und Atommülllager!" Eine Zuhörerin wollte von Klingebiel wissen: "Können Sie die Hand dafür ins Feuer legen, dass dort keine atomfreundlichen Betriebe unterkommen?" Eine andere wunderte sich, dass eine finanziell so angeschlagene Kommune wie Salzgitter sich das überhaupt leisten könne.

Ein junger Mann im Publikum hinterfragte die wirtschaftlichen Prognosen: "Weniger als drei Prozent Gewinn nach 20 Jahren - wenn man das als Privatmann planen würde, würde jeder Unternehmensberater einem abraten. Zumal, wenn man sich einen Teil des Startkapitals erstmal von der Mutter leihen muss", spielte er auf die erhofften Fördergelder vom Land an. Ohne die, das hatten Markurth und Klingebiel klargestellt, sei das Mammutprojekt wirtschaftlich nicht machbar.